Signal Semaphore in Bayern
Als die ersten Eisenbahnen in Betrieb genommen wurden, war die Zugfolge noch nicht so groß. So fuhren täglich üblicherweise um die 4 Zugpaare. Bei einer solch geringen Zugfolge war ein besonderes Meldeverfahren zur Sicherung des Zugverkehrs noch nicht nötig. Man konnte davon ausgehen, daß der Zug zur bestimmten Zeit losfuhr, und deshalb ungehindert die Strecke passieren konnte.
Im Laufe der Zeit wurde die Zugfolge aber dichter, so daß Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden mußten. Da damals optische Telegraphen zur Nachrichtenübermittlung populär waren, kam dieses Mittel auch für die deutschen Eisenbahnen in Frage. So wurde durch die Eisenbahnverwaltungen unterschiedliche Kombinationen aus ein - und zweiflügeligen Signalen sowie Teilweise mittels Körben (Korbsignal) zur Zugsignalisierung eingeführt. In Bayern waren zunächst zweiflügelige optische Telegraphen betrieben. Diese standen in jedem Bahnhof in einiger Entfernung links und rechts vom Bahnhofsgebäude. Das waren die sogenannten Bahnhofs-Abschlußtelegraphen. Auf der Strecke gab es die Strecken-Telegraphen. Die Farbgebung war ein rot-weißer Mast (von unten nach oben jeweils hälftig) mit rot-weißen Telegraphenarmen. Die Telegraphenarme des Bahnhofs-Abschlußtelegraphen waren außen rot und innen weiß. Die des Strecken-Telegraphen außen weiß und innen rot (diesen Unterschied läßt zumindest das Studium der farbigen Gemälde Karl Herrles vermuten).
Neben den Signalen des optischen Telegraphen gab es aber noch andere für die Betriebsführung nötige Signale
Handsignale des Bahnhofs-Betriebspersonals
Akustische Signale des Bahnhofs-Betriebspersonals
Signale am Zug
Signale der Lok
Wie man sich denken kann, haben optische Telegraphen bei schlechtem Wetter starke Nachteile. So konnte schon bald eine Verbesserung genutzt werden, der Treutler'sche optische Telegraph. Er hatte reflektierende Arme, die durch eine Lampe angeleuchtet wurden. Damit konnte auch bei Nebel ein eindeutiges Signal erkannt werden.
Da
ich zu diesem Thema nur dürftige Informationen finden konnte,
sind die folgenden Sequenzen nicht 100% sicher. Aber ich denke, es
hat sich wie folgt abgespielt:
Die Situation : links steht der Bahnhof Links-Gmünd, in der Mitte Mittel-München und rechts Rechts-Schwaben.
Dem linken Bahnhofswärter von Links-Gmünd wurde durch einen Streckenposten signalisiert »Zug hat den vorletzten Bahnhof verlassen«. Er setzt den linken Abschlußsemaphor ebenfalls auf »Zug hat den vorletzten Bahnhof verlassen«. Somit weiß das Bahnbetriebspersonal, daß ein Zug von links zu erwarten ist. Der rechte Telegraph ist in Ruhestellung.
Der rechte Bahnwärter von Rechts-Schwaben signalisiert am rechten Abschlußtelegraphen »der Zug kommt« für sein Bahnbetriebspersonal. Ihm wurde das selbe Signal signalisiert. Als er den Zug sah, setzte er das Signal entsprechend. Dieses Signal sieht der linke Bahnwärter von Rechts-Schwaben und setzt den linken Abschlußtelegraph von Rechts-Schwaben auf »Zug hat den vorletzten Bahnhof verlassen« um die bevorstehende Ankunft an Mittel-München weiter zu signalisieren.
Der
rechte Bahnwärter von Mittel-München sieht das Signal von
Rechts-Schwaben und zieht es ebenfalls auf »Zug hat den
vorletzten Bahnhof verlassen«. Damit weiß das
Bahnbetriebspersonal von Mittel-München, daß ein Zug von
rechts zu erwarten ist.
Der rechte Zug hat Rechts-Schwaben erreicht. Beide
Abschlußtelegraphen werden auf Ruheposition fallen gelassen.
Der rechte Bahnwärter von Links-Gmünd hat den Auftrag,
sobald ihm durch Einnahme der Ruheposition seines in Sichtweite
befindlichen Signals die Zugankunft an der letzten Station mitgeteilt
wird, den Fahrbefehl »Der entgegenkommende Zug soll vorwärts
fahren« am Telegraphen einzustellen.
Der linke Bahnwärter vom Mittel-München gibt den Fahrauftrag an Rechts-Schwaben »Der entgegenkommende Zug soll vorwärts fahren«.
Dem linken Bahnwärter von Links-Gmünd wird
signalisiert, daß der Zug gemäß Fahrauftrag
unterwegs ist. Nachdem er ihn gesehen hat, zieht er sein Signal auf
»Der Zug kommt«. Der rechte Bahnwärter von
Links-Gmünd sieht das Signal und stellt seinerseits den
Telegraphen auf »Zug hat den vorletzten Bahnhof verlassen«.
Der Zug fährt von Rechts-Schwaben ab. Der linke Bahnwärter von Rechts-Schwaben signalisiert »Der Zug kommt«. Das Signal bleibt solange bestehen, bis der nächste Bahnwärter das Signal »Der Zug kommt« durch Aufziehen der Telegraphenarme bestätigt. Dann läßt er die Telegraphenarme in Ruheposition herab.
Der rechte Bahnwärter von Mittel-München sieht das Signal »Der Zug kommt«. Sobald er den Zug in Augenschein hat, setzt er für das Bahnbetriebspersonal ebenfalls das Signal auf »Der Zug kommt«. Der linke Bahnwärter von Mittel-München sieht das Signal des rechten Bahnwärters und signalisiert »Zug hat den vorletzten Bahnhof verlassen«. Er sieht aber auch, daß ihm der Bahnwärter von Links-Gmünd ebenfalls das Signal »Zug hat den vorletzten Bahnhof verlassen« mitteilt. Nun muß gehandelt werden. Er teilt dem Bahnbetriebspersonal mit, daß demnächst in Links-Gmünd ein Zug steht und auf das Signal »Der entgegenkommende Zug soll vorwärts fahren« wartet . In Mittel-München wird ebenfalls ein Zug erwartet. Und man wartet auch auf das Signal »Der entgegenkommende Zug soll vorwärts fahren« aus Links-Gmünd. Da die Strecke eingleisig ist, darf nur ein Zug fahren.
Der linke Zug ist in Links-Gmünd eingetroffen.
Der rechte Bahnwärter sieht, daß in Mittel-München
ebenfalls ein Zug erwartet wird. Er bestätigt das Signal aus
Mittel-München nicht, sondern läßt es in Ruheposition
fallen. Sowohl das Bahnbetriebspersonal von Links-Gmünd als auch
von Mittel-München wissen, daß nur in Mittel-München
eine Zugkreuzung stattfinden kann. Deshalb signalisiert der linke
Bahnwärter von Mittel-München »Der entgegenkommende
Zug soll vorwärts fahren«.
Der Zug aus Links-Gmünd setzt sich in Bewegung.
Der rechte Bahnwärter von Links-Gmünd signalisiert »Der
Zug kommt«. Er wartet darauf, daß der Bahnwärter von
Mittel-München dieses Signal bestätigt. Sobald dies
geschieht und der Zug aus seinem Blick entschwindet, setzt er es
wieder auf Ruheposition.
Der linke Bahnwärter von Mittel-München bestätigt die Sichtung des Zuges aus Links-Gmünd durch das Signal »Der Zug kommt«. Der rechte Bahnwärter von Mittel-München signalisiert an Rechts-Schwaben »Zug hat den vorletzten Bahnhof verlassen«.
Der linke Bahnwärter von Rechts-Schwaben sieht das Signal und bestätigt es, indem er die Telegraphenarme auf »Zug hat den vorletzten Bahnhof verlassen« zieht.
Beide Züge stehen nun in Mittel-München. Die Bahnwärter lassen die Telegraphenarme in Ruheposition fallen und erwarten den Fahrbefehl des jeweilig anderen Bahnhofs.
Der rechte Bahnwärter von Links-Gmünd gibt den Fahrbefehl »Der entgegenkommende Zug soll vorwärts fahren«.
Der linke Bahnwärter von Rechts-Schwaben gibt seinerseits den Fahrbefehl »Der entgegenkommende Zug soll vorwärts fahren«.
Beide Bahnwärter von Mittel-München sehen
den Fahrbefehl »Der entgegenkommende Zug soll vorwärts
fahren«. Das Bahnbetriebspersonal erteilt beiden Zügen
»Abfahrt«. Die Züge setzen sich in Bewegung. Beide
Bahnwärter signalisieren »Der Zug kommt«.
Der rechte Bahnwärter von Links-Gmünd sieht das Signal aus Richtung Mittel-München. Als er seinen Zug sieht, bestätigt er durch Aufziehen der Telegraphenarme »Der Zug kommt«. Der linke Bahnwärter sieht das Signal und meldet durch Aufziehen der Telegraphenarme »Zug hat den vorletzten Bahnhof verlassen«.
Der linke Bahnwärter von Rechts-Schwaben sieht das Signal aus Richtung Mittel-München. Als er seinen Zug sieht, bestätigt er durch Aufziehen der Telegraphenarme »Der Zug kommt«. Der rechte Bahnwärter sieht das Signal und meldet durch Aufziehen der Telegraphenarme »Zug hat den vorletzten Bahnhof verlassen«.
Und so geht an jeder Station weiter bis die Züge ihre Ziele erreicht haben.