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Der Bahnhof Fürth der Ludwigs-Eisenbahn


Claudius Karlinger

PROJEKT: LUDWIGS - EISENBAHN - GESELLSCHAFT

Die Ludwigs - Eisenbahn - Gesellschaft ist, trotz ihres Namens zwar keine „richtige“ bayerische Eisenbahn weil sie nie zur Staatsbahn gehörte, doch in technischer Hinsicht war sie ein wichtiger Vorläufer für spätere Bahnbauten (München-Augsburger-Eisenbahn und Ludwigs-Süd-Nordbahn).

Die Literatur zum Thema ist natürlich recht umfangreich, allerdings gibt es keine einzige Veröffentlichung, die in der Darstellung der Bahn und ihrer technischen und architektonischen Details vollständig und fehlerfrei ist. Das mag zum Teil daran liegen, dass viele Verfasser mehr an wirtschaftlich gesellschaftlichen Zusammenhängen interessiert waren, zum Teil aber sicher auch daran, dass bereits die frühesten Quellen lückenhaft und teilweise widersprüchlich sind.

Als Beispiel mag man sich die Lagepläne des Nürnberger Bahnhofes anschauen, oder auch die Detailzeichnungen der Schleppweichen (Abb. 1-4). Beides wurde etwa zur gleichen Zeit (1836) dokumentiert, einmal von einem Oberleutnant Berger, einmal von Hektor Rössler, Lehrer an der höheren Gewerbeschule Darmstadt.
Ich halte Rösslers Aussagen im Allgemeinen für glaubwürdiger, weil seine Zeichnungen technisch plausibler erscheinen. So sind beispielsweise die riesigen Steinschwellen, die Berger unter den Wechselschienen der Schleppweiche gesehen haben will, unwahrscheinlich, da sie sehr dick hätten sein müssen um nicht sofort zu zerbrechen. Oder man betrachte die Kurbel, mit der die Weiche gestellt werden soll: so ausladend wie die Verkleidung des Mechanismus bei Berger dargestellt ist, hätte kein Mensch die Kurbel stehend bedienen können! Bei Rössler (Abb. 4) sieht das ganz anders aus.
Des Oberleutnants Zeichnungen sind zwar wunderschön, doch ich denke er hatte mehr Phantasie als Sachverstand. Andererseits ist Rösslers Lageplan nur schematisch zu verstehen. Die zu den übrigen Gebäuden schräge Lage der Stallungen und die Proportionen der Gebäude hat nämlich zur Abwechslung Berger richtig dargestellt. Dazu gibt es im Buch von Asmus (Die Ludwigs-Eisenbahn, S. 76) eine alte Fotographie, die dies eindeutig belegt, ferner bei H.-P. Schäfer (Die Anfänge der fränkischen Eisenbahn, S.34) eine Flurkarte mit gleicher Aussage.
Bei all diesen Ungereimtheiten ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass selbst das ansonsten schöne Diorama des Fürther Eisenbahnclubs e.V. (veröffentlicht in MIBA 12/07) in manchen Punkten eher unwahrscheinlich erscheint.

Da das Projekt in einen möglichst originalgetreuen Nachbau eines der „Stationshöfe“ münden sollte, und der Fürther Bahnhof von Form und Abmessungen besser geeignet ist, habe ich meine Recherchen auf letzteren konzentriert.

Bild links Lageplan Nürnberg (Berger), rechts Lageplan Nürnberg (Rössler)
Abb. 1 links: Lageplan Nürnberg (Berger)
Abb. 2 rechts: Lageplan Nürnberg (Rössler)
Bild links Schleppweiche (Berger), Schleppweiche (Rössler)
Abb. 3 links: Schleppweiche (Berger)
Abb. 4 rechts: Schleppweiche (Rössler)

Fürth 1836: das Vorbild

Zunächst wurden die Lagepläne aus verschiedenen Quellen von mir annähernd auf den gleichen Abbildungsmaßstab gebracht. Dabei zeigt sich, dass die Pläne 5 (Denis), 8 (Wegele) und 9 (Stadtmuseum Fürth) recht gut zusammenpassen - was die vermutliche Größe des ersten Bahnhofes (350 x 85 bayerische Fuß) und die Lage der Gleise im Gelände betrifft, auch wenn sie natürlich unterschiedliche zeitliche Zustände darstellen.
Dagegen erscheinen der Plan aus der Allgemeinen Bauzeitung von 1838 (auch abgebildet in M. Bergers „Historische Bahnhofsbauten“) und die Zeichnung aus dem Bericht des Oberleutnant Berger von 1836 (oft zitiert, so auch in C. Asmus: Die Ludwigs - Eisenbahn) ziemlich unglaubwürdig.
Auch wenn Berger behauptet, alles gemessen zu haben: Die Längenausdehnung des Bahnhofes, ebenso wie der Radius der Einfahrtskurve und die Geometrie der Weiche sind im Vergleich mit den anderen Plänen eher unwahrscheinlich. Dass die Einfahrtsweiche (ein „High Tech“ Produkt der damaligen Zeit) außerhalb der schützenden Umzäunung gelegen haben soll - undenkbar! Übrigens zeichnet Berger das auch beim Nürnberger Bahnhof so, im Gegensatz zu Rössler, der die Umzäunung schlauchartig um die Bahnhofseinfahrt herum führt, eben damit die Weiche geschützt ist (siehe Abb. 1+2).

Der Bahnhof Fürth hatte an der Kopfseite zur Stadt hin eine hohe Mauer mit zwei Toren, die drei übrigen Seiten wurden (entgegen der ursprünglichen Planung von Denis) mit einem massiven, hohen und fast blickdichten Holzzaun verschlossen, der nur durch die Remise, den Stall und ein Tor an der Bahnhofseinfahrt unterbrochen war.
In Sachen Gleisbau war für mich interessant, was Rössler im Zusammenhang mit der Bauweise der Drehscheiben schreibt: “Gleiche Rinnen oder Furchen bilden diejenigen Theile der Bahn, an welchen erhabene Schienen hinderlich seyn würden, wie namentlich in den Remisen D und E Blatt 1und auf der durch den vorderen Hof nach der Remise E führenden Bahn hh“. Er bezieht sich dabei zwar auf den Nürnberger Bahnhof, doch ist davon auszugehen, dass in Fürth entsprechend gebaut wurde. Das heißt, dass wohl der ganze „Hof“ zwischen Hauptgebäude, Stall und Remise gepflastert und die Schienen versenkt waren.
Im Bergerschen Plan nicht angegeben sind die 3. Drehscheibe (Rössler erwähnt sie in seiner Beschreibung) und die Einsteighalle, die Anfang 1836 zum zweiten Mal aufgestellt worden war (beim ersten Versuch 1835 war sie, bevor sie richtig stand, von einem Sturm umgelegt worden).

Der Lageplan bei Mück, der den Zustand 1845 darstellt, zeigt eine Verlängerung der beiden Bahnsteiggleise und eine Erweiterung der Halle bis über die Drehscheiben. Die Halle selbst hatte anfangs 5 Achsen (Bogenfelder), später wahrscheinlich zwei mehr. Die Mittelstütze unter dem ersten Quer - Binder (mit dem für die Ludwigsbahn typischen Sonnengiebel) ließ man wohl weg, um die Optik nicht zu stören. Dies und die Zeichnungen aller übrigen Gebäude findet man bei H. Ott.
Die Lage der Gebäude dürfte in der Zeichnung von Wegele (bei Mück) richtig angegeben sein, nur dass die Bahnsteigsperre eher wie bei Berger gezeichnet quer über den Hof gelaufen sein dürfte.

Weitere Details findet man in der angegebenen Literatur, wobei die diversen Maßangaben immer mit Vorsicht zu genießen sind, oft sind sie aus den damals gültigen Angaben in Fuß (davon gab es allein in Deutschland mindestens zehn verschiedene) falsch umgerechnet worden.

Bild Ursprüngliche Planung von Denis
Abb. 5: Ursprüngliche Planung von Denis
(Archiv Bauamt Fürth)
Bild Zustand 1836, Zustand 1838, Zustand 1845 nach Wegele
Abb. 6 oben: Zustand 1836; (Oberleutnant Berger)
Abb. 7 mitte: Zustand 1838; (Allg. Bauzeitung)
Abb. 8: Zustand 1845 nach Wegele; (H. Wegele)
Bild Flurkarte um 1850
Abb. 9: Flurkarte um 1850
(Stadtmuseum Fürth)

Fürth 1836 - das Modell

Bild Bahnhof Fürth, Sicht nach Nürnberg

Wohin mit dem Minitrix Adler?
Diese Frage brachte mich auf die Idee, den Fürther Bahnhof als Bausatz - Diorama zu entwickeln, das primär eine rein grafische Gestaltung hat, wie es z.B. bei Museumsmodellen üblich ist. Darüber hinaus kann es natürlich von jedem einzelnen nach seinem Geschmack farblich behandelt und ausgeschmückt werden.
Nachdem das Minitrix Modell ziemlich genau im Maßstab 1:120 gebaut ist (es ist sozusagen ein TT - Schmalspur - Adler), ergibt sich für das Diorama eine maßstäbliche Größe von 1000 x 250 mm (siehe Abbildungen 10 und 11 und Fotodokumentation). Das Ganze sollte ohne übertriebenen technischen Aufwand befahrbar und funktionsfähig sein, deshalb ist die Schleppweiche zumindest von Hand zu stellen, und verfügt über die nötigen elektrischen Verbindungen. Die Drehscheiben sind beweglich, jedoch nicht für Elektrifizierung vorgesehen, was auch wenig Sinn machen würde, nachdem der Adler ohne Geisterwagen sowieso bewegungsunfähig ist.

Der Bausatz besteht aus drei Gruppen von Teilen, die bei Interesse auch einzeln geliefert werden können:

  1. Grundplatte bedruckt oder evtl. graviert (2-teilig, je 500 x 250 mm) mit Schienen und Funktionsteilen
  2. Gebäude (Hauptgebäude, Remise, Stall und Einsteighalle)
  3. Alle Zäune

Die Materialien sind: MDF für die Grundplatten, Flugzeugsperrholz (teilweise bedruckt, bzw. graviert) für alle sichtbaren Flächen, Neusilber für die Schienen und Acryl für einige Funktionsteile. Holz und Acryl sind gefräst, bzw. lasergeschnitten, die Metallteile geätzt. Die Schienen sind kammartig und werden von oben in die Grundplatten eingesetzt. Im Bereich des „Stationshofes“ - zwischen Hauptgebäude, Stall und Remise, sind sie annähernd bündig im Boden versenkt, im rechten Teil sind sie erhaben. Die Steinquader, auf denen die Schienen im Original befestigt waren, sind grafisch als Bedruckung bzw. Gravur der Grundplatte realisiert.

Der Zusammenbau des Bausatzes ist relativ einfach und wohl für die allermeisten Modellbahner problemlos zu schaffen.

Bild Rekonstruktion des Lageplanes Fürth 1836 von C. Karlinger
Abb. 10: Rekonstruktion des Lageplanes Fürth 1836 von C. Karlinger
Bild 11 Rekonstruktion der Schleppweiche für M=1:120, Spurweite 9 mm von C. Karlinger
Abb. 11: Rekonstruktion der Schleppweiche für M=1:120, Spurweite 9 mm von C. Karlinger

Quellennachweis

Literaturangaben zum historischen Teil

  • Asmus, Carl: Die Ludwigs - Eisenbahn, Zürich 1984
  • Berger, Manfred: Historische Bahnhofsbauten Teil 3, Berlin 1988
  • Deutschlands erste Eisenbahn Nürnberg-Fürth, Ein Werk von Tatkraft und Gemeinsinn, Nürnbg. 1935
  • Klee, Wolfgang: D. Ludwigsb. u. weitere frühe Privatb.-Projekte ..., Bayern-Report 1, Fürstenfeldbruck 1985
  • Lotter, Georg + Schörner, Ernst: Der Adler und die Ludwigs - Eisenbahn, Fürstenfeldbruck 1985
  • Mück, Wolfgang: Deutschlands erste Eisenbahn mit Dampfkraft, Fürth 1985
  • Ott, Hermann: Der Adler am Ziel, Fürth und die erste deutsche Eisenbahn, Fürth 1985
  • Rebenstein, Georg: Stephenson´s Locomotive auf der Ludwigs - Eisenbahn, Nürnberg 1836
  • Rössler, Hektor: Technische Beschreibung der Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth, Darmstadt 1837
  • Schäfer, Hans-Peter: Die Anfänge der fränkischen Eisenbahn, Würzburg 1985
  • Weigelt, Horst: Bayerische Eisenbahnen, Stuttgart 1982